Nervus phrenicus (Zwerchfellnerv)

Der Nervus phrenicus, häufig als „Lebensnerv“ bezeichnet, ist essenziell für die Atemfunktion und spielt eine zentrale Rolle in der Innervation des Zwerchfells. Er entspringt dem Plexus cervicalis und ist entscheidend für die motorische Steuerung und sensorische Rückmeldung des Zwerchfells, des Perikards, des Brust- und Bauchfells sowie Teilen des Brustkorbs. Eine genaue Beschreibung seiner anatomischen Strukturen, Innervationsbereiche und funktionellen Störungen gibt Aufschluss über zahlreiche klinische Symptome und Syndrome, die durch Schädigung oder Kompression des Nervus phrenicus entstehen können.

Anatomie, Funktion und Differenzialdiagnostik

1. Nervus phrenicus: Funktion, Segment, Plexus und Verlauf

Funktion:

Der Nervus phrenicus ist ein gemischter Nerv mit vorrangig motorischen, aber auch sensorischen Anteilen:

  • Motorische Funktion: Er ist der Hauptnerv für die Steuerung des Zwerchfells und somit für die Atmung. Seine motorischen Fasern aktivieren die Kontraktion des Zwerchfells, was zu einer Senkung des Zwerchfells und zur Erweiterung der Lungen führt, um so das Einatmen (Inspiration) zu ermöglichen. Ohne diese Funktion ist das Zwerchfell inaktiv, was zu schwerwiegender Atemnot und gegebenenfalls zu respiratorischem Versagen führen kann.
  • Sensorische Funktion: Die sensiblen Anteile des Nervus phrenicus versorgen das Perikard (Herzbeutel), Teile des Brustfells (Pleura parietalis) und des Bauchfells (Peritoneum), insbesondere in den Bereichen des Zwerchfells. Diese sensiblen Fasern spielen eine Schlüsselrolle in der Wahrnehmung von Schmerz und Druckempfindungen in den benachbarten Strukturen.

Segment:

Der Nervus phrenicus entspringt den Segmenten C3, C4, C5 des Rückenmarks. Diese Segmente bilden das Fundament seiner Funktion:

  • C3–C5: Diese Segmente des Rückenmarks versorgen den Nervus phrenicus und gewährleisten die motorische Ansteuerung des Zwerchfells. Schäden in diesen Segmenten, beispielsweise durch Wirbelsäulenverletzungen oder neurologische Erkrankungen, führen zu einer erheblichen Einschränkung der Atemfunktion, da das Zwerchfell seine Bewegungseffizienz verliert.

Plexus:

Der Nervus phrenicus entspringt aus dem Plexus cervicalis, einem komplexen Nervengeflecht im Halsbereich:

  • Rolle des Plexus cervicalis: Der Plexus cervicalis integriert motorische und sensorische Informationen und steuert mehrere Muskeln und Hautbereiche im Hals und Schulterbereich. Für den Nervus phrenicus bedeutet dies, dass er seine Signale für das Zwerchfell aus dem Rückenmark durch diesen Plexus bezieht und so die Steuerung der Atemmuskulatur gewährleistet.

Präziser Verlauf des Nervus phrenicus:

Der Verlauf des Nervus phrenicus vom Hals bis zum Zwerchfell ist komplex:

  • Halsbereich: Der Nerv tritt im Hals zwischen den Muskeln Musculus scalenus anterior und Musculus scalenus medius hervor und verläuft dann nach unten in Richtung Brustkorb.
  • Brustkorbbereich: Im Brustraum zieht der Nervus phrenicus weiter entlang des Mediastinums (Mittelfellraum) und läuft neben dem Herzen. Der rechte Nervus phrenicus verläuft dabei parallel zur Vena cava superior, während der linke Nerv entlang der Aorta verläuft.
  • Zwerchfell: Schließlich erreicht der Nervus phrenicus das Zwerchfell, wo er in verschiedene Zweige übergeht, um die Muskelpartien motorisch zu versorgen. Diese fein verzweigten Äste verlaufen innerhalb des Zwerchfells und koordinieren dessen Kontraktion für die Atembewegung.

Symptome und Syndrome bei Kompressionen:

  • Lokale Kompression im Halsbereich: Ein Druck auf den Nervus phrenicus in seinem Ursprung, etwa durch Tumore, Verletzungen oder entzündliche Prozesse, kann zu erheblichen Atemproblemen führen. In frühen Stadien verspüren Patienten oft Schulterschmerzen und Druckempfindlichkeit. Bei stärkeren Einschränkungen zeigen sich eine beeinträchtigte Atemkapazität und Erschöpfung. Auch kann ein „Hochstand des Zwerchfells“ auftreten, was in der Bildgebung sichtbar ist.
  • Periphere Kompression im Brustraum: Eine periphere Kompression durch benachbarte Strukturen oder ein vergrößertes Herz (Kardiomegalie) kann zu einseitiger Atemnot und Schmerzen führen, die bis in den Hals oder die Schulter ausstrahlen. Die Atmung wird flacher, und Betroffene empfinden das Einatmen als belastend.

2. Innervation des Zwerchfells (Kennmuskel)

Funktion des Zwerchfells:

Das Zwerchfell ist der primäre Atemmuskel und verantwortlich für die rhythmische Atembewegung:

  • Einatmung (Inspiration): Durch die Kontraktion des Zwerchfells senkt sich die Muskelplatte, wodurch der Brustraum vergrößert wird und Luft in die Lungen strömt.
  • Ausatmung (Exspiration): Bei der Entspannung hebt sich das Zwerchfell wieder, reduziert das Lungenvolumen und unterstützt die Ausatmung.

Symptome und Syndrome bei Störungen:

  • Lokale Kompression: Bei Druck auf den Nerv im Hals oder Brustraum können sich einseitige Zwerchfellhochstände entwickeln, die eine gestörte Atemmechanik verursachen. Symptome sind Atemnot bei Anstrengung, eine veränderte Schulterposition und Schmerzen.
  • Periphere Kompression: Kompressionen entlang des Nervus phrenicus, etwa durch Herzvergrößerung, führen oft zu einem asymmetrischen Zwerchfellhochstand, Dyspnoe und Schmerzen.
  • Dysfunktionelle Muskelspannungen: Bei einem Hypertonus im Zwerchfell ist die Atemtiefe eingeschränkt, was zu einer flachen Atmung und Müdigkeit führen kann. Bei Hypotonie oder vollständigem Funktionsausfall, beispielsweise durch eine einseitige Lähmung, droht eine Ateminsuffizienz.

3. Innervation weiterer Muskeln

Der Nervus phrenicus innerviert keine zusätzlichen Muskeln direkt. Seine Hauptaufgabe liegt ausschließlich in der Steuerung des Zwerchfells.


4. Ganglien

Ganglien (Nervenknoten) sind für den Nervus phrenicus nicht relevant, da dieser Nerv direkt aus dem Plexus cervicalis entspringt.


5. Sklerotome

Der Nervus phrenicus innerviert keine spezifischen Knochen direkt. Es erfolgt keine Beteiligung an der Innervation des Skelettsystems.


6. Organe / Viszerotome

Lokalisation und Innervationsgebiete:

  • Perikard: Der Nervus phrenicus versorgt das Herzbeutelgewebe (Perikard) und spielt eine wichtige Rolle in der Sensibilitätssteuerung des Herzens.
  • Pleura parietalis und Peritoneum: Die sensiblen Äste des Nervs innervieren die Pleura parietalis (vor allem in den unteren Abschnitten) und das Peritoneum im Bereich des Zwerchfells.

Symptome und Syndrome bei Störungen:

  • Reizung des Perikards: Bei einer Entzündung des Herzbeutels (Perikarditis) können sich Schmerzen in die Schulter und den Halsbereich ausbreiten.
  • Entzündung oder Druck im Bauchraum: Reize in den Zwerchfellabschnitten des Bauchfells (Peritoneum) führen häufig zu Schmerzen in der Schulter und im Nackenbereich, die durch die Verbindung des Nervus phrenicus in die entsprechenden sensorischen Zonen verursacht werden.

7. Dermatome

Lokalisation:

Die sensorischen Hautbereiche, die durch den Nervus phrenicus betroffen sind, betreffen insbesondere die Bereiche der oberen Schultern und des seitlichen Halses, was eine Reflexzone für tiefere Schmerzen im Brust- und Bauchraum darstellt.

Symptome bei Störungen:

Bei einer Reizung des Nervus phrenicus kann es zu Schulterschmerzen kommen, oft als Ausstrahlung aus Brust- oder Bauchhöhlenentzündungen oder -verletzungen.


8. Bindegewebszonen

Eine direkte Beteiligung des Nervus phrenicus an Bindegewebszonen liegt nicht vor, da er hauptsächlich motorische Funktionen für das Zwerchfell ausübt.


9. Head-Zonen

Lokalisation:

Die Head-Zonen des Nervus phrenicus beziehen sich primär auf den rechten und linken Schulterbereich. Schmerzen in diesen Zonen reflektieren oft Probleme in den inneren Organen, die sensibel durch den Nervus phrenicus versorgt werden.

Symptome bei Störungen:

Bei Entzündungen oder Verletzungen, die den Herzbeutel oder das Bauchfell betreffen, können Schulter- und Nackenschmerzen als Ausdruck reflektorischer „Head-Schmerzen“ auftreten.


10. MacKenzie-Zonen

Lokalisation:

MacKenzie-Zonen sind reflektorische Bereiche, die durch viszerale Reize aktiviert werden. Für den Nervus phrenicus sind hier jedoch keine spezifischen Projektionen dokumentiert.

Symptome bei Störungen:

MacKenzie-Zonen können als Reaktion auf sensorische Stimulation im Bereich der Organe Empfindungen in der Nähe des Nervus phrenicus hervorrufen, etwa bei Schmerzen im Bauchfell.